Er spielte. Er spielte der Straße die Lieder, die sie brauchte. Ob Sommer oder Winter, er zog erst mit einem Leierkasten, später dann mit seinem Lieblingsinstrument, der Zither, durch die Stadt. Die Menschen nannten ihn Zither-Reinhold. Dabei nahm er es mit den Jahreszeiten nicht so genau. Im heißen August ertönte auf dem Marktplatz „Stille Nacht“ und im Winter erklang „Im Prater blühn wieder die Bäume“. Reinhold Lohse, geboren 1878 in Halle, hat Elsa Weise und Tom Wolter inspiriert für das Recherche-Stipendium ZITHER REINHOLD im Rahmen von #Take Care Fonds Darstellende Künste. Der Umgang Deutschlands mit „seinen“ Menschen, die auf der Straße leben, arbeiten und oft auch übernachten. Wir fragen nach.
- Beitrag veröffentlicht:30. April 2021
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Interview mit Frau Katharina Brederlow,
Beigeordnete für Bildung und Soziales der Stadt Halle (Saale)
Ich wollte mal nachfragen, wie die Wohnhilfe heute und in Vergangenheit aufgestellt war. Eine lange Vergangenheit gibt es traurigerweise noch nicht. In der DDR gab es nämlich keine obdach- bzw- wohnungslosen Menschen. Zumindest nicht offiziell. Meist wurden Betroffene in Altersheimen „untergebracht“. Diese und andere Fragen habe ich Katharina Brederlow gestellt, die das offizielle Sprachrohr der Stadt ist, wenn es um kommunale Einrichtungen und Vernetzungsstrukturen geht.
Ich (EW) // Katharina Brederlow (KB)
EW: Guten Tag Frau Brederlow, danke, dass Sie sich für unsere Fragen Zeit genommen haben. Ich bin vom freien ensemble P&S in Halle. Wir bearbeiten gerade in unserem Rechercheprojekt ZITHER REINHOLD (gefördert im Rahmen von #TakeCare Fonds DaKu) die Frage der Obdachlosigkeit/Wohnungslosigkeit in Halle. Im nächsten Jahr ist ein theatrales Folgeprojekt geplant, bei dem unsere Erschließung des Themengebietes erweitert werden soll. Herr Bock von der Pressestelle der Stadt hat mich an Sie verwiesen. Haben Sie den Fragenkatalog vorliegen?
KB: Ja, danke, den habe ich.
EW: Gut, wir können die Fragen der Reihe nach durchgehen und wenn Sie zwischenzeitlich zusätzliche Erläuterungen einbringen wollen, dann immer gern.
Die erste Frage: Wann wurde das Haus der Wohnhilfe gegründet und in welcher Rechtsform? Gibt es einen Vorgänger, der vor 1990 beim Rat der Stadt angesiedelt war?
KB: Das Haus der Wohnhilfe (HdW) gibt es seit Februar 1991. Einen Vorgänger gab es nicht. Das Gebäude war vorher ein Seniorenheim. Es gab viele kommunale Seniorenheime in der Zeit und eins ist umgewidmet worden als Heim für Wohnungslose. Im Zuge der Wende traten vermehrt Probleme auf und somit war das von Nöten.
EW: Was meinen sie für Probleme?
KB: Wohnungslosigkeit ist vor der Wende anders behandelt worden. Viel ging über die Justiz1 oder den Rat der Stadt. Es wurden zum Teil Wohnungen zugewiesen, die übrig waren. Auch waren viele Wohnungslose in Senioreneinrichtungen untergebracht. Es war eine wüste Mischung. Erst 1991 gab es wie gesagt eine eigene soziale Einrichtung.
EW: Wie ist das HdW kommunal und auf Landesebene vernetzt?
KB: Das ist kommunal insbesondere vom Fachbereich Gesundheit die Betreuungsbehörde, da ja oft psychische Auffälligkeiten eine Rolle spielen. Es wird vor allem geschaut, inwieweit die Fähigkeit zum selbstständigen Leben eingeschränkt ist. Ansonsten sind wir vernetzt mit dem sozialpsychiatrischen Dienst, die ja sowieso begleitend tätig sind. Wenn es sich um Familien handelt, ist natürlich das Jugendamt zuständig. Dann die Schuldnerberatung, Polizei, Notunterkünfte wie Stadtmission, Bahnhofsmission, Tafeln und Suppenküchen bzw die Anlaufstellen der freien Träger. Auch erfolgt eine Weiterleitung über Ärzte.
EW: Ist zurzeit eine allgemeine oder gruppenspezifische Bedarfszunahme zu verzeichnen?
KB: Es ist jahreszeitlich schwankend. Grundsätzlich ist eine leichte Steigerung wahrnehmbar. Man unterscheidet ja zwischen Wohnungslosen und Obdachlosen. Auch bilden die Haftentlassenen eine eigene Gruppe im HdW. Viele ältere, pflegebedürftige Menschen, die aufgrund finanzieller, psych. Belastungen oder Alkoholkrankheit keinen Platz in einer Pflegeeinrichtung finden, suchen in Halle Hilfe beim HdW. Das finde ich bedenklich. Außerdem nimmt auffällig die Zahl der Jüngeren zu. Anfang Mitte 20.
EW: In welcher Form erhält das HdW Unterstützung durch die Stadt?
KB: Das Haus ist kommunal finanziert und eine nachgeordnete Einrichtung unserer Stadtverwaltung. Es ist innerhalb der Stadt zur Abteilung “ Existenzsichernde Leistungen“ zugeordnet und stark vernetzt mit dem Fachbereich Soziales. Es wird immer versucht Menschen, die dazu in der Lage sind neue Wohnungen zu vermitteln. Viele Daten erheben wir über das Einwohnermeldeamt.
EW: Auf welcher Grundlage basiert die personelle Ausstattung des Hauses? Welche Qualifikationen müssen die MitarbeiterInnen vorweisen?
KB: Wir haben staatl. anerkannte SozialpädagogInnen, SozialarbeiterInnen, einen Hausmeister, eine Hauswirtschaftshilfe. Sie strukturieren und organisieren das Haus. Für die Nacht gibt es einen Sicherheitsdienst. Und da gibt es nicht nur Störungen von innen, sondern auch von außen.
EW: Gibt es Anfragen seitens der Presse, der Wissenschaft, der Kunst/Kultur? Wer „interessiert“ sich denn?
KB: Das HdW ist regelmäßig Thema. Schwerpunktmäßig wird von regionalen Medien (MZ, Du bist Halle) in der kalten Jahreszeit nachgefragt. In Corona-Zeiten war es in der ersten Welle oft Thema. Die Ministerien fragen auch nach, das Sozialministerium hauptsächlich. Landtagsanfragen gibt es auch. Unsere Stadtratsfraktionen sind sehr interessiert, meiner Ansicht nach.
EW: Gibt es überregionalen Austausch zu strategischen Konzepten bzw den Stand der Problembewältigung?
KB: Überregional ist mir noch nix aufgefallen. Es ist ein bundesweites Problem, was sich in den Kommunen unterschiedlich niederschlägt. Dort wo Wohnraum knapper ist als bei uns, gestaltet es sich schwieriger.
EW: In wessen Verantwortung liegt die konzeptionelle Erarbeitung und Weiterentwicklung des Hauses? Gibt es Impulse bestimmte zielgruppenorientierte Maßnahmen oder Methoden im Haus anzuwenden? Also das Haus nach den Bedarfen spezifischer zu gliedern? Gibt es Ausbildungsstellen am HdW? Therapiebereiche?
KB: Ganz so gut sind wir nicht ausgestattet. Die konzeptionelle Entwicklung liegt beim FB Soziales und wird beim Sozialausschuss der Stadt und den Stadträten besprochen, wenn es Veränderungen gibt.
EW: Wie ist es mit asylsuchenden Personen?
KB: Die finden sich seltener im HdW wieder. Da gibt es Wohnzentren für Asylsuchende. Und das Dienstleistungszentrum Migration Integration. Rein strukturell fällt es nur im Bereich „Existenzsichernde Leistungen“ zusammen, wir versuchen das aber zu trennen.
EW: Was sind die Gründe das HdW klientelseitig aufzusuchen?
KB: Haftentlassung als spezifischer Grund, dann Mietschulden, Wohnungskündigung, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes, Räumungsklagen. Manchmal haben vorher begleitende Maßnahmen und Hilfsangebote stattgefunden, manchmal nicht. Die psychosoziale Situation, das Suchtthema, viele Gründe führen zum HdW. Es gibt eine Notschlafstelle, da wenden sich einige hin. Oft bekommen wir aber auch vom Jobcenter oder vom Jugendamt oder von Vermietern im Vorfeld den Hinweis, wo eine Entmietung droht.
EW: Wie sieht es mit Familien mit Kindern aus?
KB: Es gibt einen „Familientrakt“. Wir versuchen aber die Familien schnell in einer anderen Wohnsituation unterzubringen. Kinder haben wir ungern im HdW. Es wäre für sie nicht gut. Das Umfeld ist nicht für die kindliche Entwicklung förderlich.
EW: Wie ist die generelle Auslastung des HdW?
KB: Wir haben das HdW und eine extra Notschlafstelle. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Im HdW werden Menschen untergebracht, die ihre Wohnung verloren haben, aber perspektivisch wieder eine suchen. Dafür gibt es 149 Plätze. In der Notschlafstätte gibt es 28 Plätze. Da ist es saisonal natürlich unterschiedlich. Im Winter sind ca. 15 bis 18 Betten belegt. Richtig voll ist es nie. Mit der Corona-Situation haben wir Container angemietet für Quarantänezwecke, damit wir im Falle eines Falles nicht das gesamte Haus schließen müssten. Das war unsere große Angst, da wir keine abgegrenzten Wohnbereiche haben. Aber wir hatten Glück. Eine Schließung ist nicht notwendig gewesen. Dann hätten alle in separate Wohnungen gemusst und da hätte sicher die Betreuungssituation erheblich gelitten.
EW: Gibt es in Halle einen Kältebus für die kalten Monate?
KB: Nein, wir haben das überlegt, und auch mal durchgerechnet mit der Polizei zusammen. Aber momentan ist das nicht notwendig und nicht wirtschaftlich. So unser Ergebnis. Aber ich muss ganz klar sagen, noch nicht. Die Situation kann sich jederzeit ändern. Wir prüfen das jährlich. Wir sind bei der Ermittlung der Daten auf unsere Partner wie Stadtmission etc. angewiesen. Einige Betroffene lehnen auch diese Direkthilfe ab.
EW: Gibt es eine durchschnittliche und eine maximale Bleibedauer im HdW?
KB: Nein, es gibt keine statistisch erfasste Dauer. Das ist sehr vom Einzelfall abhängig. Mit der letzten Konzepterstellung wurde der sogenannte Probebonus eingeführt. Das ist ein System für Menschen, die es trainieren müssen wieder eigenständig zu wohnen und einen geregelten Tagesablauf finden. Das gelingt in vielen Fällen, vor allem in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Problematischer ist es bei den alten, pflegebedürftigen Personen. Für die muss ja ein Heimplatz gefunden werden.
EW: Man braucht Geduld…
KB: Ja, das geht alles nicht von heute auf morgen.
EW: Gibt es eine psychiatrisch-psychologische Begleitung?
KB: Das liegt beim sozial-psychiatrischen Dienst der Stadt. Wir selber haben das nicht im Haus.
EW: Wer trifft die Entscheidungen? Sind die Betroffenen mündig?
KB: Die Entscheidung, ob jemand wieder alleine wohnen kann/darf, geschieht in Abstimmung mit der/dem Betroffenen und den hausleitenden SozialpädagogInnen. Dann geschieht die oben genannte Entlassung auf Probe.
EW: Denken Sie, dass es im Herbst ’21 erneut Probleme mit der pandemischen Situation geben wird? Werden zusätzliche Kräfte benötigt?
KB: Wir haben zu Beginn der Pandemie versucht zu ermitteln, wo die Orte sind, an denen sich Menschen ohne Dach aufhalten und was sie an Unterstützung benötigen. Das werden wir diesen Herbst auch wieder tun. Im Sommer erledigen das die Streetworker. Das muss alles aber immer neu angepasst und mit Trägern der Wohlfahrtspflege angepasst werden. Ein schwieriges Feld. Vor allem mit den Menschen, die bewusst obdachlos sind und bleiben wollen. Manchmal erlebt man Überraschungen, dass es doch jemand geschafft hat.
EW: Wie wird denn in Bezug auf die Betroffenen mit sensiblen Daten umgegangen? Wie ist die Diskrepanz zwischen polizeilicher Meldepflicht und Schweigepflicht?
KB: Es gilt der Sozialdatenschutz nach SGB 10. Wenn man Kenntnis von einem Straftatbestand hat, ist es immer eine schwierige Abwägung. Bei schwerwiegenden Fällen werden andere Behörden hinzugezogen. Grundsätzlich sind die Daten der Betroffenen aber zu schützen.
EW: Dürfen Klientinnen und Klienten während ihres Aufenthalts im HdW Besuch empfangen?
KB: Ja, das dürfen sie grundsätzlich. In der Pandemie war das natürlich eingeschränkt.
EW: Haben die Menschen eigene Briefkästen/Fächer im Haus?
KB: Nein, es gibt das HdW als allgemeine Adresse. Wie gesagt, es gibt ja auch keine abgetrennten Wohnbereiche. Das ist das Problem. Die Post wird zentral angeliefert, es wird geprüft, ob die Adressaten sich tatsächlich im HdW aufhalten. An einem Aushang werden die Bewohner über den Posteingang informiert, sie holen die Post dann persönlich ab.
Rein strukturell fällt EW: Inwiefern wird die Schulpflicht ermöglicht?
KB: Es wird versucht dieser nachzukommen. Wie gesagt, Kinder haben wir ungern drin, trotzdem gibt es immer wieder den Bedarf von Familien und somit des Familientrakts des HdW.
EW: Was ist momentan im HdW das Thema?
KB: Wir wollen den Übergang für junge Menschen mit „Jugendhilfekarrieren“ zum eigenständigen Wohnen besser begleiten, sodass sie nicht erst bei uns versauern. Wir wollen perspektivisch für diesen Punkt die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Sozialamt verstärken.
EW: Wir wollen das Thema des „Wohnens ohne Wohnung“ theatral aufgreifen. Was denken Sie spontan dazu?
KB: Spannend. Natürlich darf man keine Mitleidsrunde machen. Mein Gedanke ist immer: Solche Situationen gibt es und gab es in allen Gesellschaften. Und die wird es immer geben. Es ist unsere Pflicht, den Hilfesuchenden beizustehen, wenn sie es brauchen. Die Hilfs- und Beratungsangebote sind da und können helfen aus dem Dschungel hinauszufnden. Oft gibt es Hemmungen diese wahrzunehmen. Meist kommen Betroffene erst, wenn sie wirklich keinen Ausweg mehr für sich selbst sehen.
EW: Ich sehe, da gibt es noch viele Probleme. Die Stadt Halle muss wachsam bleiben. Die Lage wohnungsloser Menschen muss stetig beobachtet und angepasst werden. Ich danke Ihnen für das Gespräch.
KB: Gern.
Dieses Interview wurde im Mai 2021 geführt.
1 In der DDR wurde der Umgang mit „Asozialität“ bzw. „krimineller asozialer Lebensweise“ 1968 in § 249 des Strafgesetzbuchs geregelt. Als Begründung wurde angegeben, dass Asozialität eine Quelle der Kriminalität wäre. Nichtarbeit wurde als „Parasitentum“ und „permanente Entwendung von Volksvermögen“ eingestuft. Darüber hinaus existierten etliche Dienstanweisungen zum Umgang mit „Asozialen“. Gefährdet waren Menschen, welche die „Entwicklungsgesetze der sozialistischen Gesellschaft unvollständig oder gar nicht widerspiegeln, […] indem sie bummeln, kränkeln, aktiv den Prozess der Tätigkeit stören.“
Erziehung und Strafe bei der Verfolgung von nicht gesellschaftskonformem Verhalten stellte in der DDR somit einen rechtlichen und ordnungspolitischen Komplex dar, der im bundesrepublikanischen Recht so nicht existierte und existiert.
Mit dem Spenden oder der Bereitschaft zum Spenden verbinden wir heutzutage Anlässe wie Weihnachten. Man bekommt etwas und gibt etwas. Da gibt man/frau/fam gern. Weihnachten im Schuhkarton. Ein Dauerbrenner. Zu Hochzeiten und feierlichen Anlässen schenkt man mehr und mehr dem guten Zweck. Der fliegt zumindest nicht als unbrauchbarer Gegenstand in den eigenen vier Wänden herum. Aus dem Amerikanischen ist uns das Charity-Wesen bekannt. Tue Gutes und rede darüber. Crowd Funding Projekte, Fund Raising und private Spendenkampagnen wie betterplace.org haben die Hilfsbedürftigkeit unter dem Siegel der gesellschaftlich anerkannten und absoluten Nützlichkeit salonfähig gemacht.
Im Debütroman von Markus Ostermair „Der Sandler“ * (ein mittelmäßiger, kurzweiliger Roman mit tollem Beginn, aber wenig Handlung) las ich über die Zedaka. Ein altes Konzept der jüdischen Kultur. Was ich dazu fand, ist eine grandiose soziologische Umkehrung in meinem Kopf. Ich finde es fantastisch. Lest und seht selbst:
Zedaka (hebräisch, zu deutsch ‚Wohltätigkeit‘) ist ein jüdisches Gebot. Zedaka spielt in der jüdischen Tradition eine wichtige Rolle. Jüdische Männer und Frauen sind ihr gleichermaßen verpflichtet.
Es gibt acht Stufen der Zedaka:
Das Konzept Zedaka bedeutet, dass Juden verpflichtet sind, von dem zu geben, was Gott ihnen anvertraut hat, um es zu teilen und die Welt zu heilen. So ist es auch dem ärmsten jüdischen erwachsenen Almosenempfänger noch auferlegt, von dem, was er bekommen hat und besitzt, ein weniges abzugeben. Lediglich Nothilfen und Hilfen für die Abwehr von Tod und Krankheit sind hiervon ausgenommen. Gemäß dem Grundsatz „Maß für Maß“, welcher vom in christlicher Tradition oft missverstandenem Torawort „Auge für Auge“, abgeleitet wird, sind Juden verpflichtet, dem Nebenmenschen zu geben, dem sie nichts schuldig sind, wie sie von Gott anvertraut bekommen, obwohl Gott ihnen nichts schuldet. Das Konzept Zedaka gründet so in der Verantwortung jedes Juden, die aus Israels mit Gott geknüpften Bund (deutsch etwa „Vertrag“) resultiert. Zedaka ist insofern keine Tugend, sondern Pflicht, keine persönliche Auszeichnung, sondern nur recht und billig, nicht Generosität, sondern Tikkun Olam. Zedaka geht in seiner Bedeutung ersichtlich über die Bedeutung des deutschen Wortes Wohltätigkeit, die sporadisch und unverpflichtend geschieht, ja geradezu als generöse, auszeichnende Tugend gilt, welche einen Menschen auszeichnet, hinaus. Zedaka ist Teil des Judentums. Judentum ist kein Glaube, der das herausstehende Merkmal des Christentums ist, sondern eher eine Praxis bzw. soziales Handeln, die dem göttlichen Gebot, Zedaka zu tun, unterliegt.
*Der Sandler, Markus Ostermair
https://taz.de/Der-Sandler-von-Markus-Ostermair/!5730258/
Straßenzeitungen in Deutschland
Der Verkauf und die Produktion von Straßenzeitungen ist für viele Obdachlose eine wichtige Einnahmequelle. Hier sind viele von ihnen online zu finden:
BERLIN:
http://www.motz-berlin.de
Karuna- Kompass
https://www.streem-magazine.de/
https://www.strassenfeger.org
BRAUNSCHWEIG
http://www.querweg-ev.de/
Düsseldorf
http://www.fiftyfifty-galerie.de/
HAMBURG
https://www.hinzundkunzt.de/
HANNOVER
https://www.asphalt-magazin.de/
KIEL
https://www.hempels-sh.de/
KÖLN
http://www.oase-koeln.de/
LEIPZIG
http://suchtzentrum.de/kippe
München
http://biss-magazin.de/
Osnabrück
http://www.abseits-online.de/
Stuttgart
http://www.trott-war.de/
Zum Zitat von Nadja Pantel: Ich zeig’s euch, in: Süddeutsche Zeitung, 6. Februar 2019 .
Wenn ich dich sehe. Ja ja, ich weiß schon. Kenne ich doch. Das Bild. Es heißt Gleichgültigkeit, Mitleid, Schuld. Schuld? Selber Schuld! Wird schon wieder. Oder wird eh nix. Nie wieder. Muss man keine Energie investieren. Das hat das System draus gemacht, siehste, so würde ich auch sinken. So würde ich auch aussehen. Wenn ich… Würde ich? Schicksalsschlag. Schwer zu verstehen. Und dann. Schnell. Seufzend vorüber gehen. Nicht so hinstarren. Er schaut mich an. Meint er mich? Bloß nicht auf mich beziehen. Ich bin doch. An-d-ers? Kann er mich meinen? Sieht er mich? Oder sehe ich ihn nur? Bin ich er? Niemals! Vielleicht Sucht. Ja, die mischt meistens mit. Die elendige. Da ist man Opfer. Diener. Da kann man nichts machen. Nichts. Nie wieder. Selbst entscheiden. Ob da Kinder sind? Was die wohl denken? Wenn ich jetzt Geld gebe, dann finanziere ich… ja, was eigentlich? Dass alles so bleibt, wie es ist? Der gehört doch zum Stadtbild. Der muss hier sitzen. Der darf hier nicht weg. Alle Leute kennen ihn. An den hat man sich gewöhnt. Es würde nur auffallen, wenn der nicht mehr da wäre. Vielleicht wäre ich dann ein bisschen betrübt.. vielleicht würde ich dann denken, ach hättest du doch mal was getan. Vielleicht würde ich einem anderen helfen. Und nicht so lange zögern. Wenn er sterben würde. Vielleicht würde ich einen Brief an die Stadt schreiben, dass man ihm ein Ehrengrab einrichten solle. Ich würde vielleicht weinen. Ein bisschen. Alleine mir das vorzustellen, macht mich traurig. Aber mir sind die Hände gebunden. Wer macht denn sowas? Die Hände sind mir gebunden von der Ungerechtigkeit. Der ganz normalen Ungerechtigkeit. An die ich mich schon lange gewöhnt habe. Ich würde nicht gern er sein. Aber soll ich ihm jetzt was geben? Er schaut wieder. Oder immer noch. Was ist denn die beste Hilfe? Essen? Reden? Aber dann will er die ganze Zeit mit mir reden. Und läuft mir vielleicht noch hinterher. Na und? Und was! Das nervt doch! Aber woher will ich das wissen. Das nervt! Ich nerve. mich! So, jetzt hab ich aber schlechte Laune. Wegen ihm. Mir. Warum macht denn niemand was?
„Das Gesetz macht alle auf erhabene Weise gleich:
Es verbietet allen Menschen
unter Brücken zu schlafen
und Brot zu stehlen –
den Armen ebenso wie den Reichen.“
Anatole France
https://youtu.be/jrNaga8L01I
Trailer zu D R A U S S E N
Johanna Sunder-Plassmann & Tama Tobias-Macht
Dokumentarfilm
Berlinale 2018
[…] und ständig der Verkehrslärm: Er wohnt unter einer Brücke. Im Freien. Draußen. Der Filmtitel ist neben der metaphorischen Bedeutung – außerhalb der Gesellschaft – in Johanna Sunder-Plassmanns und Tama Tobias-Machts Porträt-Dokumentarfilm vor allem wörtlich zu nehmen: Man lebt im Freien, in der Stadt, richtet sein Wohnzimmer ein, wo ein Platz frei ist. Einer streift sogar durch die Wälder, lebt in den Bäumen.
Anzusehen für 3,50 bei Vimeo.
Echte Empfehlung!
Aus dem Heimatroman „Hingabe“ von Hans Morgan. Mit Illustrationen von S. von Sallwürk. Abgedruckt 1930 in den „Hallischen Nachrichten“.
Danke Steffen Wendt für diese Zusendung! Sicher ist das Archivmaterial, denn im Internet lässt sich zu angegebenen Quellen nichts finden. Das Stadtarchiv Halle hat gerade wieder pandemiebedingt geschlossen. Über eine Mitarbeiterin bekam ich einige Broschüren und Materialien ausgehändigt. Dazu in Kürze mehr.
Das ist eine Werbung, die mir entgegen sprang. Mich würde interessieren, was wirklich hinter dieser Kampagne steht. Oder was mit Gesicht gemeint ist. Die Gesichter dieser Damen? Mit Verlaub, nettes Angebot. Absurde Vorstellung. Ob sich die Bild der Frau deshalb so benannt hat?
Was ihr hier findet – Unser Blog ZITHER REINHOLD
Reinhold Lohse, geboren 1878 in Halle, war offiziell wohnungslos und verdiente sein Geld mit Straßenmusik. Man sagt, er sei ein „Original der Stadt“ gewesen. Was ist das, ein Original? Und wer „ernennt“ dazu? Zither Reinhold, so sagten die Menschen zu ihm, saß an den Straßen und spielte. Sommer wie Winter. Abseits zweier Weltkriege. Er spielte auf dem Leierkasten und später, dessen beraubt, auf der Zither. Dabei nahm er nahm es mit den Jahreszeiten nicht so genau. Im heißen August ertönte auf dem Marktplatz „Stille Nacht“ und im Winter erklang „Im Prater blühn wieder die Bäume“.
Seine Geschichte interessiert uns. Die des einzigartigen Musikers, seiner rohen Sympathie, seiner Resilienz. Sie gab uns den Impuls zum Recherche-Stipendium ZITHER REINHOLD im Rahmen von #Take Care Fonds Darstellende Künste. Wir widmen uns seiner Person, seinem zeitgeschichtlichen Kontext und spannen den Bogen ins Jetzt. In einem breit angelegten Themenspektrum nähern wir uns der Fragestellung, was es heute bedeutet obdachlos zu sein. Sein Geld auf der Straße zu verdienen. Angewiesen zu sein. Menschen, die auf der Straße leben, arbeiten und übernachten sind uns unbekannten, alltäglichen Kämpfen ausgesetzt.
Doch wie nähert man sich der Straße? Wir fühlen uns zugewandt. Doch sind wir unsicher. Im Wissen, dass die akademisierte Kultur bzw. deren Branchen eine romantisierend, verklärende Draufsicht bilden, die DEN Landstreicher oder DEN Bettler abzubilden meint. Doch verschiedene Gründe und Wege führen auf die Straße.
In diesem Blog sammeln wir Informationen, schreiben Beiträge. Fertiges und Unfertiges. Wir versuchen uns bloß zu stellen. Nichts zu Intendieren. Nichts zu Wollen. Gesellschaftliche Ambivalenzen hören. Im Spiegel nicht wegsehen.
Wir, Tom Wolter und Elsa Weise lesen, hören, fragen, sprechen und berichten. Und Tom übt nebenbei Zither.